Die Agrarwende endlich anpacken!

Klima retten heißt auch Landwirtschaft umbauen

Am 18. Januar 2020 werden wieder Zehntausende dem Ruf des Wir haben es satt!-Bündnisses folgen und zum Auftakt der weltgrößten Agrarmesse ‚Grüne Woche‘ ihre Forderungen in die Schlagzeilen bringen. 2020 geht es darum, die Agrarwende endlich auf den Weg zu bringen, damit die Bauernhöfe eine verlässliche Zukunftsperspektive bekommen und das Klima gerettet werden kann.

Derzeit ist einiges in Bewegung in der Landwirtschaft. Am 22. Oktober dieses Jahres machten sich tausende Bäuerinnen und Bauern mit Traktoren auf, um auf die missliche Lage auf dem Land aufmerksam zu machen. In mehreren deutschen Städten kam es – aufgerufen von der Initiative ‚Land schafft Verbindung‘ – zu Kundgebungen gegen die Düngeverordnung und das Insektenschutzprogramm. Zeitgleich zog das europäische #GoodFoodGoodFarming-Netzwerk zum Parlament der Europäischen Union (EU) in Straßburg. Im Schulterschluss mit der Zivilgesellschaft forderten Bäuerinnen und Bauern dort die Umverteilung der Agrarsubventionen: weg von den pauschalen Flächenprämien, hin zu einer konkreten Unterstützung für enkeltaugliche Landwirtschaft.

Die Traktor-Demonstrationen von ‚Land schafft Verbindung‘ sind ambivalent. So falsch es auch ist, das „Agrarpäckchen“ der Bundesregierung mit seinen halbherzigen Maßnahmen grundsätzlich abzulehnen, so richtig ist es, dass die Bauernhöfe nicht mit dem gesellschaftlich gewollten Umbau der Landwirtschaft allein gelassen werden dürfen. Mehr Platz für Tiere, mehr Klimaschutz und insektenfreundliche Landschaften – die Regierung muss den Betrieben dabei finanziell unter die Arme greifen. Das heißt: Gelder für die Stallumbauten, den Pestizidausstieg und klimaschonende Bewirtschaftung bereitstellen und eine klare Perspektive formulieren. Die LandwirtInnen, die gegen die Ankündigungen der Bundesregierung Sturm laufen, sind auf dem Irrweg, wenn sie glauben, alles könne so bleiben wie bisher.

Die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft sind in vielerlei Hinsicht fatal: Flächendeckender Pestizideinsatz tötet massenhaft Insekten. Zu viel Gülle verschmutzt unser Trinkwasser. Für das Gensoja-Futter werden Regenwälder abgebrannt. Dumping-Exporte überschwemmen die Märkte im globalen Süden und berauben unzählige Bäuerinnen und Bauern ihrer Existenz. Die Beibehaltung des Status Quo kann keine Antwort sein.

Mit der EU-Agrarreform den Umbau der Landwirtschaft auf den Weg bringen

Die Bundesregierung muss den Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ebnen – und die Gelegenheit ist günstig. Zurzeit wird auf EU-Ebene die Verteilung der Fördergelder im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) neugeregelt. Mit den 60 Milliarden Euro, die die EU Jahr für Jahr in die Landwirtschaft pumpt, ließe sich die Agrarwende stemmen und das Insektensterben stoppen.

Doch die Bundesregierung und die Spitzen des Deutschen Bauernverbands lassen die LandwirtInnen seit Jahrzehnten mit den notwendigen Veränderungen allein. Agrarministerin Julia Klöckner wehrt sich gegen eine Abschaffung der pauschalen Flächensubventionen. Sie will die Milliarden-Subventionen weiter denen geben, die viel Land besitzen – egal, wie sie wirtschaften. Das trägt aberwitzige Blüten: Mit staatlicher Unterstützung kaufen InvestorInnen immer mehr Ackerland, während allein in den letzten zehn Jahren hierzulande 100.000 Betriebe aufgeben mussten. Aktuellstes Beispiel: Die Aldi-Erben, die sich in Ostdeutschland landwirtschaftliche Flächen in großem Stil unter den Nagel reißen. Für das Land, das sie in Sachsen jüngst gekauft haben, erhalten die Milliardäre künftig pro Jahr eine halbe Million Euro aus Steuergeldern. Mit dieser absurden Förderpolitik muss endlich Schluss sein. Deswegen fordern wir im Januar: Subventionen nur noch für Bauernhöfe, die Tiere gut halten, Umwelt und Klima schützen und gutes Essen für alle herstellen!

Klima retten heißt auch Landwirtschaft umbauen

Die Wissenschaft warnt schon lange, dass wir den Planeten mit der aktuellen Wirtschaftsweise zugrunde richten. Obwohl die Warnungen unmissverständlich und unüberhörbar sind, kommen von der Bundesregierung nur Bankrotterklärungen. Wenn Hunderttausende für das Klima streiken, ist das ein deutlicher Beleg dafür, dass die Zeit für Veränderung gekommen ist. Die Agrarwende ist ein zentraler Baustein des klimagerechten Umbaus der Gesellschaft.

Dafür gehen wir am 18. Januar wieder im breiten Bündnis aus Landwirtschaft und Zivilgesellschaft auf die Straße. Zum Auftakt der Grünen Woche, wenn sich die AgrarministerInnen der Welt in Berlin treffen, schlagen wir mit unseren Kochtöpfen Alarm für die Agrar- und Ernährungswende. Bei der 10. ‚Wir haben Agrarindustrie satt!‘-Demo im Januar fordern wir: Macht endlich eine Politik, die uns eine Zukunft gibt – Agrarwende anpacken, Klima schützen!

Aufruf lesen "Agrarwende anpacken, Klima schützen!"


Dieser Text von Christian Rollmann erscheint auch im Rundbrief 4/2019 des Forum Umwelt & Entwicklung. Der Autor verantwortet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Meine Landwirtschaft.


zurück zur Übersicht