Auch in der Kirche werden agrarpolitische Fragen immer wichtiger. Auf dem diesjährigen Kirchentag wurden zwei Resolutionen zu drängenden landwirtschaftlichen Themen verabschiedet, die Trägerorganisationen der Kampagne Meine Landwirtschaft eingebracht hatten. In der ersten Resolution wird gefordert, Patente auf Pflanzen und Tiere zu verbieten. Die zweite richtet sich gegen die Megafusionen im Agrarsektor. Beide Dokumente erhielten die Unterstützung von mehr als 500 Teilnehmer*innen und gelten daher nun als offizielle Resolutionen des 36. Kirchentags, der am vergangenen Sonntag in Berlin zu Ende ging.
Die unter anderem von Brot für die Welt erarbeitete Resolution „Keine Patente auf Pflanzen und Tiere!“ bemängelt die Praxis des Europäischen Patentamts (EPA) in München, das seit Jahren Patente auf Pflanzen und Tiere erteilt, ganz so als handele es sich dabei um technische Erfindungen. Die Autor*innen erinnern an die breiten gesellschaftlichen Proteste, die dadurch hervorgerufen wurden: Insbesondere die Patente auf Schweine, Brokkoli, Tomaten und zuletzt Braugerste riefen massiven Widerspruch hervor – und mussten daher teilweise wieder zurückgenommen werden. Nach Angaben der Initiative „Keine Patente auf Saatgut!“ existieren dennoch derzeit etwa 200 vergleichbarer Patente.
In der Kirchentagserklärung heißt es: „Da durch Biopatente eine exklusive Verfügung über pflanzliches und tierisches Leben stattfindet und infolgedessen Artenvielfalt und Ernährungssicherung deutlich eingeschränkt werden, ergeben sich für die Kirche grundlegende kritische Anfragen an die Erteilung von Biopatenten.“ Weiterhin steht die EPA-Praxis im Konflikt mit den jüngsten Beschlüssen von EU-Kommission, EU Parlament und nationaler Regierungen, durch die klargestellt wurde, dass Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht nicht patentiert werden dürfen. Trotz klarer Vorgaben in den maßgeblichen Gesetzestexten, sei das Europäische Patentamt offenbar nicht bereit, sich daran zu halten. Daher forderten die KirchentagsbesucherInnen mit der Erklärung die Bundesregierung und Justizminister Heiko Maas auf, die bestehenden Schlupflöcher im Patentrecht schnellstmöglich zu schließen.
Die zweite verabschiedete Resolution trägt den Titel „Gegen die Zusammenschlüsse/Übernahmen der größten Agrarchemieunternehmen der Welt“. Der Markt sei jetzt schon hochgradig konzentriert, heißt es in dem von der Agrar Koordination aus Hamburg eingebrachten Text. Die Verfasser*innen sind „alarmiert und besorgt“ angesichts der weiteren Zusammenschlüsse im Agrarsektor: Dow Chemical fusioniert mit DuPont, Bayer übernimmt Monsanto, ChemChina kauft Syngenta. Die drei Megakonzerne könnten künftig 70 % des globalen Agrarchemiemarktes und 60% des Saatgutmarktes kontrollieren.
„Diese Zusammenschlüsse werden die negativen Auswirkungen der industrialisierten Landwirtschaft für Verbraucher*innen, Bauern und Bäuerinnen, die Umwelt und die Ernährung noch verstärken“, heißt es in der Erklärung. Zudem gewännen die Konzerne noch mehr politischen Einfluss und auch der verminderte Wettbewerb habe nachteilige Folgen. Die Resolution richtet sich an die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt. Sie sollen den Fusionen die Genehmigung versagen. Aber auch die Bundesregierung habe die Verantwortung, die Wettbewerbsregeln auch in Deutschland zu verbessern und derartige Marktkonzentrationen nicht zu erlauben.