Bundesregierung muss Konzernmacht in der digitalen Welt beschränken

Die enorme Marktmacht von Digitalkonzernen wie Google und Facebook gefährdet den Datenschutz und verschärft Abhängigkeiten in der Gesellschaft. Davor warnt die Initiative „Konzernmacht beschränken“ in einem Diskussionspapier. Das NGO-Bündnis weist auf Regulierungslücken des Digitalmarktes hin und fordert die Bundesregierung auf, durch Gesetzesänderungen Monopolbildungen zu verhindern und die Marktmacht von Konzernen zu beschränken.

Wer die digitale soziale Infrastruktur, also die Informations- und Kommunikationsmittel kontrolliert, der setzt damit Standards im privaten und öffentlichen Raum. Die digitale Ökonomie wird bereits heute im Wesentlichen von Alphabet (Google), Amazon, Facebook, Apple und Microsoft dominiert. Google beherrscht beispielsweise 90 Prozent des Suchmaschinenmarkts und Facebook hält mehr als 90 Prozent der Nutzeranteile. Die Konzerne speichern umfangreiche Daten, die einen hohen ökonomischen Wert haben und die Basis von selbstlernenden Algorithmen bilden. Diese Macht und dieses Wissen sollten aus demokratischer Perspektive nicht in den Händen weniger Konzerne liegen. Das fordern die 28 Organisationen, die sich mit einem entsprechenden Appell an die Bundesregierung wenden.

Die Monopolbildung wird einerseits durch Netzwerkeffekte befördert, das heißt je mehr Nutzer*innen ein Dienst hat, desto attraktiver wird er für weitere Kund*innen. Andererseits sind die Internetkonzerne durch Fusionen und Übernahmen gewachsen, die von Kartellbehörden genehmigt wurden. Monopole sind weder in Deutschland noch in Europa verboten. „Die Bundesregierung muss durch Gesetzesänderungen die Monopolbildung verhindern und die Marktmacht von Konzernen beschränken“, fordert Lena Michelsen, Referentin beim entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk. Hätten die Kartellbehörden in Europa größere Befugnisse, könnten sie der Marktkonzentration innerhalb ihres Einflussbereiches etwas entgegensetzen.

Folgen für Datenschutz bei Fusionskontrolle stärker prüfen

Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Urteilen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anerkannt und gestärkt. Doch der Datenschutz droht im großen digitalen Geschäft dennoch auf der Strecke zu bleiben. Datenschutzbeauftragte beklagen, dass wirksame Garantien gegen eine Erosion des Datenschutzes im Zuge von Fusionen fehlen.

So untersuchen Kartellbehörden bislang nicht, ob die Zusammenführung der Daten dem gesetzlich verankerten Datenschutz zuwiderläuft. „Bei Übernahmen von Unternehmen, insbesondere mit datenschutzfreundlichen Geschäftsmodellen, müssen die Folgen für den Datenschutz mit geprüft werden“, erklärt Thomas Dürmeier, Geschäftsführer von Goliathwatch. Das Bundeskartellamt sollte bei Fusionen mit Big Data-Bezug eine Stellungnahme der Datenschutzbehörden einholen und angemessen berücksichtigen müssen.

Landwirtschaft 4.0 kann (klein-)bäuerliche Betriebe gefährden

Während die Gefahren der Marktkonzentration bei Internetkonzernen intensiv diskutiert werden, ist dies im Agrarsektor kaum der Fall. Dabei herrscht dort bereits heute eine hohe Konzentration, die mithilfe digitaler Angebote noch weiter wachsen soll: Die drei größten Konzerne kontrollieren rund 60 Prozent des globalen Saatgut- und Agrarchemiemarktes. „Die Digitalisierung der Landwirtschaft gefährdet die Lebensgrundlagen vieler Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in Entwicklungsländern, aber auch der bäuerlichen Betriebe im Norden“, erklärt Marita Wiggerthale, Agrarexpertin von Oxfam. Für kapitalschwache bäuerliche Betriebe, erst recht im Globalen Süden, lohnen sich die teuren Maschinen in der Landbewirtschaftung nicht. „Aus ‚wachse oder weiche‘ wird ‚digitalisiere oder weiche‘“, warnt Wiggerthale. Der Weg zu einer großflächigen und industrialisierten Landwirtschaft wird zementiert, Umweltprobleme bleiben strukturell ungelöst.

Diskussionspapier „#Konzernmacht in der digitalen Welt


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