Gutes Essen für Alle

„Wir haben es satt!“-Demo am 21. Januar gegen Krisenprofite und für eine sozial gerechte Agrarwende

Die soziale Lage spitzt sich für viele im Angesicht der hohen Inflation zu und die Ampelkoalition ist offenbar nicht Willens, die sozial-ökologische Transformation voranzubringen. Aus diesem Grund ruft das „Wir haben es satt!“-Bündnis wieder zur großen Demo am 21. Januar auf. Diese steht 2023 unter dem Motto: „Gutes Essen für alle, statt Profite für wenige!“ Dabei sucht das Agrarwende-Bündnis den Schulterschluss mit Sozialverbänden und Erwerbsloseninitiativen.

Nach einem Jahr Ampel-Koalition sind diejenigen, die Hoffnung in einen klima- und agrarpolitischen Neustart hatten, zurecht ernüchtert. Die Bilanz der ersten zwölf Monate mit Scholz im Kanzleramt, Lindner im Finanz- und Özdemir im Agrarministerium lassen sich einfach auf den Punkt bringen: zu wenig, zu langsam. Klimakrise, Höfe- und Artensterben werden immer dramatischer, immer größere Tierfabriken entstehen und die Ernährungsarmut steigt auch hierzulande. Ganz gleich, wo man hinschaut: es brennt. Und eine Politik, die den Ernst der Lage anerkennt und unsere Lebensgrundlagen auf diesem Planeten gegenüber Konzerninteressen und fossiler Industrie priorisiert, findet unter Rot-Gelb-Grün nicht statt.

Ein wichtiger Hebel für konsequenten Klimaschutz ist der Umbau der Landwirtschaft. Ohne Agrar- und Ernährungswende verfehlen wir krachend das 1,5-Grad-Ziel und damit globale Klimagerechtigkeit. Bäuer*innen und Gesellschaft haben sich in der Zukunftskommission Landwirtschaft zur notwendigen Transformation bekannt, aber Klima-, Tier- und Naturschutz müssen sich für die Höfe lohnen. Dafür braucht es einen klaren Plan und ausreichend finanzielle Mittel. Deswegen muss Cem Özdemir die Agrar- und Ernährungswende beschleunigen und Christian Lindner die Gelder freigeben.
 

Für eine sozial gerechte Agrar- und Ernährungswende

Sozial gerecht muss die Agrarwende sein. Konkret heißt das: faire Erzeuger*innenpreise für die Höfe, gerechter Zugang zu landwirtschaftlichem Boden und gute Löhne für die Beschäftigten. Bauernhöfe und das Lebenshandwerk müssen vor den Konzernen und ihrer erdrückenden Marktmacht geschützt werden. Sozial gerechte Ernährungswende bedeutet: Alle Menschen müssen sich gutes, umweltfreundlich produziertes Essen leisten können. Dafür zu sorgen ist die Aufgabe des Staates. Und das, was wir hier herstellen und essen, darf nicht Existenzen in anderen Teilen der Welt zerstören.

Angesichts einer Inflation von über 10 Prozent und galoppierenden Energie- und Lebensmittelpreisen wissen auch hierzulande viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollen – erst recht nicht mit gesunden und nachhaltig hergestellten Lebensmitteln. Deswegen braucht es dringend höhere Sozialleistungen, einen besseren Mindestlohn und die Mehrwertsteuersenkung auf Obst, Gemüse und Bio-Lebensmittel.

Weltweit sind immer mehr Menschen mangelernährt und Russland nutzt seinen Angriffskrieg auf die Ukraine, um den Hunger noch weiter zu verschärfen. Gleichzeitig werden die Apologet*innen der industriellen Landwirtschaft nicht müde, ihr auf Pestiziden, Kunstdünger und Gentechnik gestütztes Modell zur Hungerbekämpfung in Stellung zu bringen. Dabei gibt es schon heute genug Nahrung auf der Welt. Das Problem: Sie ist ungerecht verteilt oder wird verschwendet. Viel zu viel Essen landet als Futter im Trog, Agrosprit im Tank oder Abfall im Müll. Allein in Deutschland sind knapp 60 Prozent der Agrarflächen für die Herstellung von Tierfutter da. Damit muss Schluss sein! Wenn künftig „Teller statt Trog“ gilt, ist das gut für das Klima und alle werden satt.
 

Den Rollback der Agrarlobby stoppen

Wir erleben derzeit, wie der russische Angriffskrieg gegen eine zukunftsfähige Landwirtschaft ausgespielt wird. Den Rollback, für den die Spitzen des Bauernverbands zusammen mit der Agrarindustrie lobbyieren, müssen wir verhindern. Deswegen ist es wichtig mit vielen Menschen am 21. Januar ein starkes Signal aus dem Regierungsviertel zu senden. 2023 steht die „Wir haben es satt!“-Demo unter dem Titel „Gutes Essen für alle, statt Profite für wenige!“. Nach zwei Jahren pandemiebedingt kleineren Protestaktionen werden wieder viele Tausende – bunt, entschlossen und ausdrucksstark – für die sozial-ökologische Transformation auf die Straße gehen. Die Forderungen des rund 60 Organisationen umfassenden Agrarwende-Bündnisses gliedern sich in fünf Stränge: Höfesterben stoppen, Krisengewinne besteuern, Klimakrise und Artensterben bekämpfen, bäuerliche Tierhaltung artgerecht machen sowie Hunger und Agro-Gentechnik bekämpfen.

Das Bündnis betont auch seine Wertschätzung für die Arbeit aller, die uns mit gesunden und hochwertigen Lebensmitteln versorgen. Gerade in Krisenzeiten wird von der Demo ein Zeichen für Solidarität und eine gerechte Gesellschaft ausgehen. Konkret setzt sich die „Wir haben es satt!“-Bewegung für den Erhalt und die Schaffung von vielen Bauernhöfen ein, die ländliche Räume lebendig halten. Eine flächengebundene, artgerechte Haltung von weniger Tieren ist ebenso Ziel wie faire, regionale Versorgungsketten und mehr pflanzliche Ernährung. Und schließlich geht es um gesundes Essen für alle, eine gerechte Verteilung des Wohlstands und einem guten Leben ohne Krieg und Ausgrenzung für alle Menschen weltweit.
 

Im Schulterschluss mit Armutsbetroffenen für die sozial-ökologische Transformation

Damit der sozial gerechte Umbau von Landwirtschaft und Gesellschaft klappt, muss die Politik den Konzernen die Stirn bieten. Denn sie sind es, die mit Artensterben, Erdüberhitzung und dem Hunger auf der Welt ihr Geschäft machen. Investmentfonds verdienen an der Spekulation mit steigenden Nahrungsmittelpreisen. Agrar-, Lebensmittel- und Düngerkonzerne wie Cargill, Unilever oder Yara vermelden in der Krise horrende Profite. Die Supermarktketten mit massiver Marktmacht drehen an den Preisschrauben. Bayer will zudem die Agro-Gentechnik aus der Mottenkiste holen und auf unsere Äcker und Teller bringen. Dem muss die Politik einen Riegel vorschieben.

Der Kampf für eine lebenswerte Zukunft muss sozial und ökologisch sein. Deswegen sucht das „Wir haben es satt!“-Bündnis in diesem Jahr noch stärker den Schulterschluss mit Erwerbslosen-Initiativen, Gewerkschaften und Sozialverbänden. Denn nur, wenn wir unsere Kämpfe miteinander verzahnen, werden globale soziale Gerechtigkeit, konsequenter Klimaschutz und die sozial gerechte Agrar- und Ernährungswende für alle möglich sein.


Dieser Text von Christian Rollmann erscheint im Rundbrief III/2022 des Forum Umwelt & Entwicklung. Der Autor verantwortet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim „Wir haben es satt!“-Bündnis.


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