Wasser ist Leben und auch ein Verteilungsproblem

Ohne auskömmliche Mengen von Wasser wächst keine Pflanze! Ohne auskömmliches Pflanzenwachstum überlebt kein Mensch! Zwei Gewissheiten, nach denen Bäuerinnen und Bauern schon immer handeln und arbeiten und die jeder bewusst denkende Mensch kennt!

Die letzten Monate haben in vielen Regionen Deutschlands im besonderen Maße die Folgen von zu wenig Wasser, das Jahr 2017 dagegen die Folgen von zu viel Wasser ins Bewusstsein aller gebracht. Obwohl eine Veränderung des Klimas in Richtung extremer Wetterereignisse nach jahrzehntelanger Vernachlässigung des Klimaschutzes niemanden mehr wirklich überraschen dürfte, sind die Folgen dieser letzten Jahre in ihrem existenzbedrohenden Ausmaß bemerkenswert.

Um zukünftig in einer sich wandelnden Situation als Gesellschaft nachhaltig zu überleben, ist ein Umdenken und Beitrag aller „Beteiligten“ nötig. Bäuerinnen und Bauern, der Handel, die Politik und Verbraucherinnen und Verbraucher müssen gemeinsam spätestens diese Extremsituation als eindringliche Warnung der Umwelt begreifen und entschlossen für mehr Klimaschutz eintreten sowie zusammen mit der Natur handeln.

Da wir Bäuerinnen und Bauern das Leben und Arbeiten mit der Natur von jeher kennen, sollten wir eine verantwortungsvolle Vorreiterrolle übernehmen und auf unseren Höfen aktiven Klimaschutz mit gelebter Anpassung an die sich wandelnde Umwelt leben. Für Pflanzenbau und Tierhaltung gilt es, die Spezialisierung so gering wie möglich zu halten, da einseitige Systeme grundsätzlich empfindlicher auf Veränderungen reagieren. Diejenigen Maßnahmen, die die Folgen extremer Wetterereignisse auf dem Acker minimieren, sind gleichzeitig klimaschonend und naturverträglich. Dass uns diese beiden positiven Effekte dabei in die gleiche Richtung führen, ist ein glücklicher Umstand mit „Signalwirkung“. Die „Signale“ der Natur zu erkennen und mit der Art und Weise, wie wir unsere Pflanzen anbauen sowie unsere Tiere halten, zu reagieren, gehört zu den wichtigsten Kernkompetenzen von Bäuerinnen und Bauern.

Eine möglichst große Vielfalt bei der Fruchtfolge unserer Kulturen und der artgerechten Haltung unserer Nutztiere ist eines dieser wichtigen Themen, da wir hiermit gleichzeitig das Risiko eines Ertragsausfalles vermindern sowie die Arbeit über das Jahr verteilen. Die effektivere Nutzung von Sonne, Wasser, Boden und Nährstoffen, ohne eine einseitige Überbeanspruchung, schlägt als ressourcenschonend und klimafreundlich auf der Seite des Umweltschutzes positiv zu Buche. Für Pflanzenbau und Tierhaltung gilt es, die Spezialisierung so gering wie möglich zu halten, da einseitige Systeme grundsätzlich empfindlicher auf Veränderungen reagieren. Eine unreflektierte „Beharrungsstrategie“ auf überzogene Spezialisierung und Größe darf nicht länger die Leitschnur der Landwirtschaftspolitik bleiben. Um unsere Existenz zu sichern, gilt es, die Eingriffe in natürliche Lebenskreisläufe so gering wie möglich zu halten. Ein Beispiel ist die konservierende Bodenbearbeitung, die gleichzeitig bewirkt, dass Starkregen besser infiltriert und oberflächliches Abfließen minimiert, Bodenleben aufgebaut und Humus vermehrt wird. Folgen sind einerseits eine effektivere Nutzung des Niederschlagswassers und die Verminderung der Erosion durch Wasser und Wind sowie andererseits klimawirksame Speicherung von CO² und nachhaltigere Versorgung unserer Pflanzen mit Nährstoffen und Wasser.

Die Eingriffe in natürliche Lebenskreisläufe müssen so gering wie möglich sein.

Auch auf der Seite der Verbraucher sollte sich das Wissen um die Notwendigkeit des Lebens MIT der Natur vermehren und aktiver Klima- und Naturschutz „mit dem Einkaufswagen“ erfolgen. Die Akzeptanz höherer Preise für dieses unser gemeinsames Ziel sollte sich dann über den Handel zurück auf auskömmliche Erzeugerpreise auswirken. Auch die Politik muss endlich ihrer Verantwortung gegenüber Natur- und Klimaschutz sowie den Zielen der Gesellschaft gerecht werden. Insbesondere die Ausgestaltung der GAP sollte sich an qualitativen Zielen orientieren, die Bäuerinnen und Bauern, der Natur, dem Klimaschutz und der Gesellschaft gleichermaßen gerecht werden. Die Agrarpolitik der Vergangenheit hat uns in die aktuelle natur-, sozial- und klimaschädliche Sackgasse geführt und ist damit gescheitert. Wir Bäuerinnen und Bauern machen mit Nachdruck konstruktive Vorschläge und ermutigen ALLE zum entschlossenen Handeln.


Dieser Artikel von Jan Wittenberg erschien zunächst in der Unabhängigen Bauernstimme. Jan Wittenberg ist Ackerbauer und Mitglied des Bundesvorstandes der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).


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